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Dimitris Sgouros war der Solist des 3. Familienkonzertes des städtischen Orchesters in der Heidelberger Stadthalle, das diesmal unter der Leitung von Gerhard Schäfer stattfand. Wegen des knapp 18-jährigen Pianisten aus Griechenland waren die meisten gekommen und wurden nicht enttäuscht ... Was er mit dem 2. Klavierkonzert von Rachmaninow (1873-1943) vermitteln konnte, lohnte die mittlerweile doch erheblichen Eintrittspreise in jedem Fall. Es gibt in der Stadthalle allerdings gerade für solche naturgemäß ein jüngeres Publikum ansprechenden Ereignisse zu wenig Plätze in einer mittleren auch für Schüler und Studenten erschwinglichen Preisklasse Sie können nämlich als Wohn- oder Konzertgemeinschaft kein Familienabonnement beanspruchen. So sind die Stehplätze immer zuerst ausverkauft.
Die Begeisterung über den aller Realität entrückt spielenden Klaviervirtousen war groß; vier Zugaben erklatschte sich das Publikum. Dennoch oder gerade wegen Sgouros' ungewöhnlichem Talent schieden sich an ihm und nicht an der anschließend vorgetragenen Interpretation von Béla Bartóks (1881-1945) „Konzert für Orchester“ die Geister.
Was den einen uneingeschränkte Bewunderung abnötigte, Staunen mit offenem Mund, ließ die anderen in Skepsis erstarren und zu wahren Musiknörglern werden. Wer von einem gerade die Pubertät hinter sich lassen den Jungen allerdings einen ausgereiften, von Lebenserfahrung durchdrungenen Vortrag erwartet, sollte sich ernstlich überlegen, an welchen Hochleistungssportkriterien er/sie den Künstler mißt. Dimitris Sgouros ist kein Boris Becker des Klaviers, weil ein Anschlag eben doch etwas anderes ist als ein Aufschlag.
Sgouros ist möglicherweise der größte Klaviervirtouse der letzten Jahren, mit einer gezielten Ausbildung und der nötigen Freiheit für persönliche Erfahrungen kann er vielleicht zu einem Rubinstein seiner Zeit werden. Daß er dies heute noch nicht ist, verdrießt viele, die es sich nicht nehmen lassen, ihm deshalb auch noch seine einzigartig brillante Technik vorzuwerfen. Sie ist nun einmal die Voraussetzung für jeden Musiker / jede Musikerin. Sgouros' perlende Läufe, glasklare Töne sind gegenüber vielen schlampig ausdrucksvoll musizierenden Pianisten allemal ein Ohrenschmaus. Es wäre vermessen, ihm ein Verständnis für den Inhalt von Rachmaninows berühmtesten Klavierkonzert abzusprechen. Gerade der extrem lyrische Beginn des Konzertes, wie Sgouros ihn darbot, läßt einen den Atem anhalten. Er hat alle Möglichkeiten ein Orpheus des Klaviers zu werden, und es bleibt zu wünschen, daß er in zehn oder zwanzig Jahren wieder in Heidelberg gastiert.
Ungerechtfertigterweise leerte sich die Stadthalle in und nach der Pause. Auch wenn das „Konzert für Orchester“ von Béla Bartók (1943) nicht mit der erforderlichen Begeisterung gespielt wurde — Gerhard Schäfer mutete dem Orchester nicht genug zu — so war die Wiedergabe doch ausgesprochen klar und pointiert durchstrukturiert. Das „Programm“, das manchmal trotzdem etwas verwischt erschien, die Fülle der Zitate, zeichnen ein ausdrucksstarkes Tableau der Entstehungszeit und rücken das Werk in die Nähe von Ravels „La Valse“. Eine intensivere Auseinandersetzung damit wäre nötig gewesen, womit die Fragwürdigkeit solch einmaliger Aufführungen angesprochen ist. Eine Wiederholung wäre sinnvoll. Ein in sich geschlossenes Konzertereignis, war der Abend für alle, die das ganze Programm erlebt haben.
SR 2 KulturRadio - SR-Konzert (Dezember 2006)
Dimitris Sgouros (Klavier) - Rachmaninow 3. Klavierkonzert / Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken / Dirigent: Dennis Russell Davies
SR 2 KulturRadio (März 2014)
Dimitris Sgouros (Klavier) - Tschaikowsky Konzertfantasie G-Dur op. 56 / Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken / Dirigent: Jiri Kout
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